Kopfschmerz

Kopfschmerz gilt als eine der häufigsten körperlichen Beschwerden: Für rund ein Drittel aller Personen sind Kopfschmerzen ein ernstes Problem. Bei Erwachsenen gehen Millionen von Krankheitstagen auf das Konto von Kopfschmerzen und bei Kindern sind sie eine häufige Ursache von Fehlzeiten in der Schule. Man unterscheidet symptomatische Kopfschmerzen, die Folge einer anderen Grunderkrankung sind, von primären Kopfschmerzen. Die Haupttypen der primären Kopfschmerzen sind Migräne und Kopfschmerzen vom Spannungstyp (Spannungskopfschmerzen). Neueren Schätzungen zufolge sind in Deutschland rund 3 Millionen Personen von Migräne betroffen; bei Spannungskopfschmerzen ist in etwa von einer dreifachen Rate auszugehen. Bei beiden Kopfschmerzformen überwiegen Frauen im Verhältnis 4:3; es gibt allerdings kaum Hinweise auf Schicht- oder berufsbedingte Häufungen, so daß fast jeder Mensch davon betroffen sein kann.

Merkmale von Migräne und Spannungskopfschmerz

Patienten mit Migräne erleben den Beginn üblicherweise als ganz plötzlich; der Schmerz wird zumeist einseitig und pochend erlebt. Die einzelnen Attacken erfolgen in Abständen, wobei ein Anfall wenige Stunden, bisweilen auch drei Tage dauern kann. Migräne-Kopfschmerz geht zumeist mit Übelkeit, Erbrechen und einer besonderen Empfindlichkeit gegenüber Lärm und Licht einher. Eine typische Reaktion von Patienten besteht darin, einen ruhigen, abgedunkelten Ort zu suchen, wo sich der Schmerz einigermaßen überstehen läßt. Man unterscheidet Migräne mit Aura und Migräne ohne Aura. Patienten, die unter einer Migräne mit Aura leiden, berichten über eine visuelle Beeinträchtigung, sie sehen ein Flimmern vor den Augen und erleben eine Gesichtsfeldeinschränkung. Diese Erscheinungen sind neurologische Veränderungen im Gehirn, die dem eigentlichen Schmerzanfall vorausgehen, meist weniger als eine Stunde anhalten und dem Patienten als Warnsignal dienen können. Bei Migräneformen, in denen diese Warnsignale fehlen, spricht man von “gewöhnlicher Migräne“. Als Ursachen der Migräne nimmt man heute biochemische Verschiebungen, eine spezielle Veränderung des Blutflusses in den Blutgefäßen des Kopfes sowie neurologische Veränderungen an.

Als Cluster-Kopfschmerz wird eine seltene Form des Kopfschmerzes bezeichnet; hier kommen die Schmerzen in Form von kurzen, heftigen Anfällen von zumeist kurzer Dauer, wobei dann über längere Zeit keine Anfälle erfolgen. Diese Kopfschmerzen können äußerst schmerzhaft sein und werden als “stechend“ berichtet (“. . . wie ein glühender Schürhaken in meinem Auge . . .“). Cluster-Kopfschmerz ist offenbar die einzige Kopfschmerzform, von der nahezu ausschließlich Männer betroffen sind. Besondere Merkmale sind plötzliches Aufwachen, Verstopfung, eine rinnende Nase, Rötung und Tränen des Auges auf der Seite des Schmerzes.

Am häufigsten werden Spannungskopfschmerzen diagnostiziert. Sie sind wiederkehrend (periodischer Spannungskopfschmerz) oder dauerhaft vorhanden (chronischer Spannungs-kopfschmerz). Der typische Spannungskopfschmerz ist beidseitig am Kopf, hat einen langsamem Beginn, ist stumpf, dauerhaft, schraubstockartig und in seiner Intensität im Verlauf des Anfalls zunehmend. Tägliches Auftreten ist bei Spannungskopfschmerz durchaus nicht ungewöhnlich. Man unterscheidet Spannungskopfschmerzen mit und ohne Störungen der Kopf- und Nackenmuskulatur. Muskulär bedingte Spannungskopfschmerzen haben ihre Ursache in Verspannungszuständen, die zu einer Sauerstoffunterversorgung und Erhöhung der Schmerzempfindlichkeit führen. Ist die Muskulatur nicht unmittelbar beteiligt, dann sind Spannungskopfschmerzen durch eine Störung der Schmerzregulation im Gehirn verursacht. Kopfschmerzen können ein wichtiger Hinweis auf eine organische Störung sein; es ist deswegen äußerst ratsam, das Problem von einem medizinischen Spezialisten abklären zu lassen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Kopfschmerzen erst seit kurzer Zeit bestehen, oder wenn man als Patient besondere Schwankungen oder eine Zunahme an Intensität bzw. Häufigkeit erlebt.

Ursachen

Migräne und Spannungskopfschmerzen können mit einer ganzen Reihe auslösender oder verschlimmernder Faktoren zusammenhängen. Als spezielle Auslöser für Migräne sind Veränderungen des Hormonspiegels, Ernährungsfaktoren (Kaffee, Schokolade, reifer Käse ...), Alkohol, körperliche Anstrengung und orale Antikonzeptiva anzuführen. Auch Medikamente, die üblicherweise gegen Kopfschmerzen verschrieben werden, können den gegenteiligen Effekt einer Verschlimmerung der Symptomatik haben, wenn sie zu häufig oder auf Dauer eingenommen werden.

Der Zusammenhang zwischen Streß und Kopfschmerz ist in der Medizin seit langem bekannt. Dabei kann sich dieser Zusammenhang folgendermaßen zeigen:

  1. Streß kann direkt zu physiologischen Veränderungen der Blutgefäße, der Muskulatur oder des Gehirns führen, die als Ursachen des Kopfschmerzes anzunehmen sind.
  2. Streß kann einen von der Person bereits erlebten Kopfschmerz noch verstärken.
  3. Wenn eine Person über längere Zeit hinweg unter Kopfschmerzen leidet, so wird das Schmerzleiden selbst zu einer Dauerbelastung mit weiteren Krankheitsfolgen. Bei vielen Patienten entwickeln sich Depression und Angstzustände als Folge eines chronischen Kopfschmerzes.

Behandlung von Kopfschmerzen

Die meisten Menschen sind in der Lage, ihre Kopfschmerzen selbst in den Griff zu bekommen — durch Ruhe, Ausspannen und zum Teil durch handelsübliche Medikamente. Fälle, in denen all dies nichts mehr hilft, sind möglicherweise Kandidaten für medizinische Spezialisten — aber auch für Behandlungsansätze der Verhaltenstherapie, die ohne Medikamente auskommen.

Verhaltenstherapeutische Behandlungsansätze für Kopfschmerzen

Der Verhaltenstherapeut wird üblicherweise damit beginnen, diejenigen Faktoren zu erfassen, die als Auslöser, als Begleitumstände oder als aufrechterhaltende Aspekte angesehen werden können. Patienten werden zuerst angeleitet, ihre Schmerzen nach Häufigkeit, Dauer, Intensität und Lokalisation in einem sogenannten “Kopfschmerztagebuch“ genau festzuhalten. Dies ist insbesondere für den genauen therapeutischen Verlauf notwendig. In der Verhaltenstherapie wurden drei spezielle Ansätze entwickelt, die gegen Kopfschmerzen erfolgreich eingesetzt werden können: Biofeedback-Therapie, Entspannungstraining und Training zur Streßbewältigung.

Biofeedback

Biofeedback versucht dem Patienten zu vermitteln, wie er/sie diejenigen körperlichen Prozesse beeinflussen kann, die man als Ursachen der Kopfschmerzen ansehen muß. Beim Spannungskopfschmerz werden daher Sensoren an den Nacken- oder Kopfmuskeln angebracht, von denen der Patient über dafür speziell entwickelte Geräte genaue Informationen (“Feedback“) über seine Spannungszustände bekommt. Er kann dann lernen, diese Zustände selbst zu beeinflussen und zu regulieren. Beim Biofeedback der Migräne wird entweder die Hauttemperatur an der Fingerkuppe oder der Blutdurchfluß an der Schläfenarterie gemessen. Auch hier lernt der Patient die Gehirndurchblutung günstig zu beeinflussen.

Entspannungstraining

Eine von vielen Formen der Entspannung besteht in der sogenannten “progressiven“ Muskelentspannung: Hier lernt der Patient durch An- und Entspannung verschiedener Muskelgruppen einen immer entspannteren und angenehmeren Allgemeinzustand des gesamten Körpers zu erreichen, was üblicherweise der Anspannung und den damit verbundenen Schmerzen entgegenwirkt.

Streßbewältigungstraining

Hier lernt der Patient vor allem Strategien der Problemlösung, um mit den spezifischen Streßbelastungen des Alltags — die zumeist mit Kopfschmerz zusammenhängen —zu Rande zu kommen. Gemeinsam mit einem Therapeuten lernen Patienten neue gedankliche Strategien gegen den Streß. Patienten bekommen etwa vermittelt, wie sie auf Belastungen weniger emotional reagieren können, wie sie sachlich mit Streßsituationen umgehen können, wie sie ihre Zeit einteilen sollten, wie sie interpersonale Situationen handhaben und wie sie schließlich auf den Streß reagieren können, der eine Folge des Kopfschmerzes ist. Bereits die genaue Erfassung von Belastungen, das schrittweise Vorgehen im Sinne einer effektiven Problemlösung stellt für viele Patienten eine wichtige Hilfe gegen den Kopfschmerz dar. Ein Verhaltenstherapeut wird üblicherweise eng mit einem ärztlichen Spezialisten zusammenarbeiten, weil praktisch alle Patienten Medikamente einnehmen; dies ermöglicht eine Koordination von Behandlungsmöglichkeiten aus unterschiedlichen Perspektiven.

Wenn man die Forschung der letzten 20 Jahre betrachtet, so kann man zusammenfassen, daß alle drei angeführten psychologischen Möglichkeiten in etwa gleich effektiv sind und bei rund 40—60 % aller Patienten zumindest zu einer Verbesserung des Zustandes führen. Dies heißt nicht, daß damit alle behandelten Patienten ohne Beschwerden sind. Für viele Patienten ist eine Behandlung aber schon dann als ein echter Erfolg anzusehen, wenn sie lernen, ihren Kopfschmerz besser zu bewältigen und trotz der Schmerzen alltägliche und erfreuliche Aktivitäten besser und mit weniger Unterbrechungen durchführen zu können.

Weiterführende Literatur

Blanchard, E. T. & Andrasik, F. (1991). Bewältigung chronischer Kopfschmerzen. Bern: H. Huber.

Was ist Verhaltenstherapie?

Verhaltenstherapie ist ein spezielles Behandlungsverfahren, das sich auf bewährte Forschungsbefunde stützt; Verhaltenstherapie bildet für Patienten eine Hilfestellung, um spezielle Veränderungen in Gang zu setzen und entsprechende Ziele zu erreichen. Solche Ziele betreffen unter anderem:

  • Merkmale des Verhaltens, z.B. aktives Sozialverhalten; Reduktion von Alkohol- oder Zigarettenkonsum.
  • Art der Gefühle, z.B. Hilfestellungen für eine Person, sich weniger ängstlich oder weniger depressiv zu fühlen.
  • Veränderung von Denkmustern, z.B. lernen Probleme zu lösen und zuversichtlichere Gedanken zu entwickeln.
  • Art des Umgangs mit körperlichen Beschwerden, z.B. Veränderung des Schmerzerlebens oder des Umgangs mit ärztlichen Verschreibungen.
  • Eine Art der Bewältigung, z.B. Hilfestellungen für behinderte Personen oder des Zurechtkommens im Arbeitsbereich.

Verhaltenstherapie und kognitive Therapie beziehen sich in erster Linie auf das Hier und Jetzt, d.h. auf die gegenwärtige Situation und ihre Bedingungen (und nicht so sehr auf die Vergangenheit des Patienten). Wichtige Ansatzpunkte sind die konkreten Verhaltensmuster und Sichtweisen einer Person. Verhaltenstherapeuten arbeiten mit Einzelpersonen, mit Eltern, Kindern, Paaren, Familien und Gruppen.

Zentrale Ziele der Verhaltenstherapie sind die Hilfe bei der Veränderung hinderlicher Denk- und Verhaltensmuster sowie eine Unterstützung beim Erlernen zielführender Strategien; damit sollen Patienten generell mehr Kontrolle über ihr Leben bekommen.

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